Prag wird oft als die Stadt der hundert Türme bezeichnet. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts versuchte der bekannte Mathematiker und Philosoph Bernard Bolzano, die Türme der Stadt zu zählen – und kam tatsächlich auf über hundert. Wenn wir jedoch die Entwicklung in den folgenden Jahrhunderten sowie die Türme von Bürgerhäusern und verschiedene Kuppeln mit einbeziehen, dann verwandelt sich Prag schnell in eine Stadt mit tausend Türmen.

Der Turm des Altstädter Rathauses
Lieben Sie schöne Aussichten?
Aus der Sicht der Geschichte und Architektur wurden die historischen Türme Prags als funktionale Bauwerke errichtet. Im Laufe der Zeit wurden sie jedoch zu kulturellen Wahrzeichen und prägen heute entscheidend das Stadtbild. Zudem bieten viele von ihnen den heutigen Besuchern atemberaubende Ausblicke – über all das bunte Treiben auf den Straßen hinweg bis weit über die Dächer der Stadt.

Kleinseitner Brückentürme
Prager Brückentürme
Besonders eindrucksvoll sind die Türme an beiden Enden der Karlsbrücke: der Altstädter Brückenturm und die Kleinseitner Brückentürme. Diese Bauwerke dienten ursprünglich als Stadttore, die die jahrhundertelang eigenständigen Stadtteile auf beiden Seiten der Moldau miteinander verbanden. Besonders der Altstädter Brückenturm ist reich geschmückt – unter anderem mit Statuen von Karl IV. und Wenzel IV. Der Eisvogel, der hier ebenfalls zu sehen ist, wurde zum Symbol von Liebe und Treue. Welche weiteren berühmten Persönlichkeiten oder humorvollen Szenen lassen sich auf dem Turm entdecken? Das verraten wir Ihnen gern bei einer unserer Stadtführungen.

Altstädter Brückenturm: unter dem Dach
Die schiefen Türme von Prag
Einige „gewöhnliche“ Türme fallen jedoch durch etwas ganz Besonderes auf: Sie sind schief. Instabile Fundamente oder Baufehler haben dazu geführt, dass mehrere Prager Türme nicht ganz gerade stehen. Auch wenn sie nicht ganz so schief sind wie der Kirchturm im ostfriesischen Suurhusen – der schiefste Turm der Welt – oder wie der weltberühmte Turm von Pisa.
Mindestens drei schiefe Türme lassen sich in Prag finden. Der schmale Glockenturm der Kirche Mariä Verkündigung „Auf dem Rasen“ (Zvěstování Panny Marie Na trávníčku) etwa neigt sich deutlich vor der Hauptfassade über die Straße. Die kleine Kirche steht auf sandigem Boden und hat nur ein flaches Fundament. Der 38 Meter hohe Turm weicht dadurch um 63 Zentimeter von der vertikalen Achse ab – das entspricht einer Neigung von 0,9 Grad und macht ihn zum schiefsten Turm Prags.
Auch der Šítkovská-Wasserturm wurde auf sandigem Untergrund errichtet – ohne richtiges Fundament auf dem unstabilen Grund der Moldau. Mit seiner Höhe von 47 Metern und einer Abweichung von 42 Zentimetern (0,5 Grad) steht auch er leicht schief.
Das Panorama der Prager Burg wird von den beiden weißen Türmen der St.-Georgs-Basilika geschmückt. Die Türme ragen 41 Meter in die Höhe. Der Turm auf der Südseite ist 1,3 Meter breiter und wird Adam genannt. Der schmalere nördliche Eva ist schief – er weicht um 40 Zentimeter ab.

Der Aussichtsturm auf dem Laurenziberg (Petřín)
Nicht alles ist so, wie es scheint
Es gibt noch eine weitere Kuriosität im Zusammenhang mit den Prager Türmen: Die Türme haben im Laufe ihrer Geschichte auch ungewöhnliche Rollen übernommen – oft weit entfernt von ihrem ursprünglichen Zweck, für den sie erbaut worden sind oder den sich ihre Baumeister gewünscht hätten: Wussten Sie zum Beispiel, dass das oberste Stockwerk des Šítkovská-Wasserturms einst als geheimer Beobachtungsposten der kommunistischen Staatssicherheit (StB) diente? Von dort aus wurde die Wohnung von Václav Havel überwacht. Auch der Glockenturm der Nikolauskirche auf dem Kleinseitner Ring wurde von der tschechoslowakischen Geheimpolizei als Spähposten genutzt.
Wenn dieses Thema Ihr Interesse weckt, empfehlen wir Ihnen, einen genaueren Blick auf unser vielfältiges Angebot im Bereich der Diktaturen des 20. Jahrhunderts: Faschismus und Kommunismus zu werfen. Zu diesem Themenschwerpunkt bieten wir umfassende Einblicke und Führungen sowohl in Prag als auch außerhalb der Stadt.
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