Der Mai heißt auf Tschechisch „Kveten“, was übersetzt „blühen“ heißt, oder noch einfacher, „eine Blüte“. Es ist ein Monat voller frühlingshafter Erfrischung und verführerisch duftender Bäume, welche mit Ihren grünen Blättern in den Sommer aufwachen. Im Lichte der Sonne singen Vögel, die Blütenmeere in den Gärten greifen ebenso nach jedem Strahl vom Himmel und werden von der „Musik“ fleißiger Bienchen begleitet.
Mai ist der Monat der Liebe! Verliebte Jugend liegt sich in den Armen, genießt jeden Moment der Verbindung und bestätigt sie durch Küsse unter einem blühenden Kirschbaum – ein sehr schöner Tschechischer Brauch. Während dessen sitzen Mütter neben Ihrem im Kinderwagen schlafenden Nachwuchses auf einer Parkbank und genießen den Moment.
Der erste Tag im Mai ist der Arbeit gewidmet. Er wird auch in der Tschechischen Republik „Tag der Arbeit“ genannt. Ein harmonisch klingender Ausdruck, auf der anderen Seite mit einem harten Versprechen verbunden. Denn der Mensch wurde laut Marx für die Arbeit geboren. Ohne derartige Verpflichtung wäre das Leben leer, unvollständig. Meine Eltern versuchten mir von klein auf mit Tat und Wort zu vermitteln, dass man sich vor keiner Arbeit verstecken darf und sich jeder Herausforderung stellen muss. Jede Beschäftigung hat etwas besonderes, möchte vervollständigt werden und dazu muss sich einer bereit erklären.
Es gibt kluge Köpfe, andere mit geschickten Händen welche sie zum Handwerk prädestinieren. Das wunderschöne Erlebnis, beim vervollständigen einer gelungenen Arbeit, ist einzigartig – beginnend mit einem aufgeräumten Zimmer, gefolgt vom gesundgrünen und geordneten Garten, blühenden Beeten…
Heute kann ich die „Arbeit“ genießen. Als Seniorin sind mir zu Hause kaum Grenzen gesetzt. Doch im jungen, aktiven Leben überlegte ich bereits auf dem Weg zur Arbeit, welche Herausforderungen der Tag auf dem Programm haben wird, sowohl während der Beschäftigung, aber auch danach mit meinen Kindern Zuhause – einkaufen, kochen, währenddessen die Hausaufgaben kontrollieren, schauen dass beide Töchter die Familie passend vertreten usw. Ja, das Leben ist voller Arbeit!
Zu den Maifeierlichkeiten gehörten in der damaligen Tschechoslowakei die sogenannten Maiumzüge. Sie wurden von kleinen tschechischen Fahnen an jeder Ecke begleitet. Meine eigene habe ich in jungen Jahren stets in der Schule gemalt und den dazu passenden Holzhalter mit Blüten oder Malereien verziert. Als Nachweis habe ich euch ein Bild beigelegt (das Obere). Ihr seht mich dort beim Einreihen vor der Schule – ich muss 8 oder 9 Jahre alt sein und warte auf den Beginn des Feierumzugs.
Danach liefen wir durch das ganze Dorf, der Bürgermeister legte einen Blumenstrauß zum Gedenken an die Kriegsgefallenen am prägenden Denkmal des Dorfes nieder. Für mich als Kind war es ein herrlicher „freier“ Tag.
Nach der Dorffeier durften alle Feierlustigen mit einem Linienbus in unsere Kreisstadt Uherske Hradiste fahren, um die Feierlichkeiten fortzutreiben. Auch dort mussten wir uns in einen passenden Umzug einreihen, liefen durch das Stadtzentrum und viele Parks. Überall riefen die Teilnehmer unterschiedliche Mottos zur Arbeit und zum Frieden in die Welt. An mehreren Stellen spielte Livemusik. Den feierlichen Abschluss bildeten mehrere sehr schön geschmückte Pferdekutschen, welche für die Erfolge von Landwirtschaft und Gewerbe in unserem Landkreis standen. Dahinter marschierte ein Zug von Trachtenträgern, Schützen, Sportlern, Medizinern, der Feuerwehr und natürlich auch das Militär. Ich liebte deren Hundeführerstaffel.
Erst in den frühen Abendstunden war die Pflicht getan. Danach fingen die Feierlichkeiten an, es wurde getanzt und gesungen. Mit meinen Freunden haben wir stets die letzten Stunden des Tages zum Erzählen, Lachen und Zusammensein genutzt. Wir verabschiedeten uns mit einem leichten Wangenkuss für Schönheit, Gesundheit und Liebe… Bis zum nächsten Maianfang, dem Tag der Arbeit!
… mit erneutem großen Dankeschön an meine Schwiegermutter Dasa!
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