Tschechische Weihnachtstradition: So wurde früher gefeiert!
Dies sind die persönlichen Weihnachtserinnerungen von Dagmar, die lange Zeit ihres Lebens im Dorf Kudlovice, mitten in der wunderschönen mährischen Natur verbringen durfte. Ich habe ihre Beschreibungen für Sie ins Deutsche übersetzt:
Natürlich liebte ich als kleines Kind die besinnlichen und zauberhaften Tage zu Weihnachten, wie alle Freunde um mich herum. Der Anblick des Weihnachtbaums ließ meine Augen glänzen, der Kerzengeruch und handgemachter Baumschmuck verzauberte jedes Mal.
Die Spitze des Baumes verzierte eine spezielle Glaskugel, unter dem Baum stand eine wunderschöne Papierkrippe, ein Herzensstück meiner Mutter aus ihrer Kindheit. Mit der Familie sangen wir Weihnachtslieder, für meine Augen waren jedoch die Geschenkpäckchen am interessantesten. Damals waren Präsente ein Privileg, aus dem Grund werde ich meine bezaubernde Puppe mit ihren glasblauen Augen und einer glänzenden Binde im Haar für immer in Erinnerung behalten! Ich nannte Sie „Snehurka“ (Schneewittchen). Normalerweise warteten auf meine Schwester und mich passende Bekleidungsteile, frisches Obst, kleine Süßigkeiten und meine ewige Liebe: Bücher. Oh ja, ein zweites Geschenk werde ich auch nie vergessen – den überteuren Kleidungsstoff in meinem Abiturjahr, für den meine Eltern ein Darlehen aufnehmen mussten. Auch aus diesem Grund verzichteten unsere Eltern auf gegenseitiges Beschenken.
Unser duftender Weihnachtsbaum kam jedes Jahr frisch aus dem Wald in unser Wohnzimmer, mein Vater arbeitete als Waldhüter. Die Spaziergänge im Wald am Heiligabend mit viel Futter für die vielen Wildtiere, die um uns lebten, werde ich immer in Erinnerung behalten. Dabei durfte ich viel lernen – auf welchem Baum kommt die Dekoration am besten zur Geltung, welche Vorbereitung und Pflege ist angebracht, wie wird die Standhilfe idealerweise platziert usw. Heute versuche ich, die Erinnerungen an meine geliebten Töchter und die Enkelkinder weiterzugeben.
Heiligabend
Der 24.12. war sonst ein Tag voller Träume, Erwartungen, Vorbereitungen. Das im Garten gepflückte Obst musste poliert werden (ich fand vor allem getrocknete Früchte köstlich) und das Haus gründlich geputzt. Parallel dazu wurde das leckere Weihnachtsgebäck zubereitet, welches meine Schwester und ich in unterschiedliche Schalen reihen mussten. Dabei verschwand das eine oder andere Stückchen in unseren Mündern, obwohl es eigentlich verboten war. Wer nämlich am Heiligabend bis zum Abendessen nichts verzehrt, sieht beim eröffnen des Abendessens ein Goldenes Schweinchen am Haus vorbeispazieren. Dieser Brauch hat bis heute seine Schönheit behalten, ich persönlich habe das Vieh jedoch noch nie gesehen / Kommentar von Michal :-).
Karpfen zu Weihnachten gab es damals nur selten. Als Ersatz aßen wir Fischfilet, dazu den von Mama zubereiteten Kartoffelsalat, davor eine besondere Gries-Suppe mit getrockneten Pilzen. Wie herrlich… Bis heute liebe ich den mit Schnee bedeckten, sauberen Boden mit Spuren von Vögeln, Katzen und Eichhörnchen – besonders um die Hügel von Buchlovské hory, meinem Geburtsland. Hier durfte ich die ersten 20 Jahre meines Lebens verbringen, im Kreise meiner wunderbaren Eltern und unserer Familie.
Während des Sonnenuntergangs haben wir uns auf den Nachhauseweg gemacht, denn beim Erscheinen des ersten Sterns sollte die Familie zusammen sein. Es war alles vorbereitet! Schnell zogen wir uns um, nahmen danach Platz am weiß gedeckten Tisch, dessen Beine mit einer eisernen Kette zusammen gebunden waren. Dies ist wiederum ein Brauch, um das Treffen lieber Personen im nächsten Jahr wiederholen zu können. Unter jedem Teller war eine Münze versteckt, dies sichert der Tradition nach den Wohlstand. Vom Kronleuchter hing ein Glücks-Mistelzweig herunter.
Nach dem Essen wurde der Tisch abgeräumt und mit gebackenen Süßigkeiten und einem Weihnachtskuchen neu gedeckt. Die Erwachsenen gönnten sich einen Slivovice zur Verdauung, danach gab es lecker Tee mit Rum, für Kinder natürlich statt Rum mit Zitrone. Spannend fand ich den Brauch des Apfelschneidens. Bei uns ergab sich stets ein wunderschöner Stern im Kern, welcher ein gesundes Jahr für die ganze Familie prophezeit. Danach versuchten die Eltern auch noch, durch Bleigießen unsere Zukunft vorauszusagen (darüber lache ich heute noch). Bis uns das Christkind mit klingelnden Glöckchen zum Weihnachtsbaum einlud, feuerte mein Vater zur Feier des Festtages drei Salven aus seinem Jagdgewehr in die kalte Winterluft.
Darauf folgten Momente voller Glück beim Auspacken der Geschenke und naschen am Weihnachtsbaum. Während dieser besinnlichen Zeit stießen weitere Verwandte zu uns und mit unseren Cousinen und Cousins hatten wir noch mehr Spaß.
Das zauberhafte Zusammensein
An dieser Stelle darf ich die Mutter meines Vaters nicht vergessen zu erwähnen, Apolenka, sie lebte bei uns seit meinem achten Lebensjahr. Sie war die Seele unserer Familie, hielt uns zusammen und half dort, wo es von Nöten war. Ich hatte das Privileg, mit ihr das Schlafzimmer teilen zu dürfen, mit großen Betten gefüllt mit Strohsäcken und Flaumdecken, wo wir ein Buch nach dem anderen zusammen gelesen haben. Wir hatten eine besondere Bindung, ich denke sehr gerne an meine Oma.
Meine Eltern waren jederzeit sehr lieb, umsichtig und hilfsbereit zu meiner Schwester und mir – was für ein Glück! Somit habe ich bis heute wunderschöne Erinnerungen an unsere besinnlichen Weihnachtsfeste.
Sehr schön war ebenso die Überraschung meines Cousins, damals war ich bereits eine junge Frau. Nach dem Abendessen und der Bescherung am Heiligabend kreuzte er unerwartet bei uns auf (das exakte Jahr habe ich leider vergessen) und bat meine Eltern, mich zum Mitternachts-Gottesdient mitnehmen zu dürfen. Die Aufregung war groß… Wir fuhren durch eine weiß bedeckte Straße, es glitzerte Drumherum, die Sterne vom Himmel spiegelten sich in der Schneedecke. Unser Ziel war das Kloster im Wallfahrtsort Velehrad. Die Kirche war imposant, sehr groß und unendlich lang. In der hinteren Ecke hörte ich den Gebeten und melodischen Gesängen, welche leicht durch Orgelklänge unterlegt wurden, gespannt aber auch verträumt zu.
Solche Momente behalte ich für immer im Herzen und obwohl sie viele Jahrzehnte zurück liegen, fühle ich mich stets verzaubert, warm und glücklich. Besonders heutzutage! Genießen Sie bitte jeden Moment mit Ihren Lieben und den Menschen, welche Sie so wahrnehmen und lieben, wie sie sind. Ihre glücklichen Erinnerungen werden Sie das ganze Leben lang begleiten.
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